Wie geht es weiter mit den Straßenumbenennungen in Bilk?

Die Wissmannstraße in Düsseldorf soll aufgrund der Umbenennung „historisch belasteter Straßennamen“ umbenannt werden. (URL dazu https://www.duesseldorf.de/vermessung/strassenbenennung/umbenennung-historisch-belasteter-strassennamen.html ).

In einer Bürgerveranstaltung der BV3 wurden diese Woche Vorschläge für neue Straßennamen gesammelt und diskutiert. Eine Option war „Am Friedensplätzchen„, welche schließlich in einer abgewandelten Form angenommen wurde, indem die direkt am Platz gelegenen Häuser die neue Anschrift „Friedensplätzchen“ erhalten werden.

Die Bürgerschaft von Unterbilk in Düsseldorf hat acht Namensvorschläge zur Umbenennung der Wissmannstraße gemacht, darunter Janis Joplin, John Lennon und Bud Spencer. (Really ?!). Nach Diskussionen wurde der Vorschlag „Am Friedensplätzchen“ aufgrund eines Einspruchs der Feuerwehr gestrichen, aber die Häuser 6 bis 10 erhalten die neue Anschrift „Friedensplätzchen„.

Ein Meinungsbild ergab, dass Fasia Jansen und Hermann Smeets die beliebtesten Namen waren.

Der Bezirksbürgermeister Dietmar Wolf zeigte sich zufrieden mit der Veranstaltung, Zitat „Ich finde es toll, wenn das Friedensplätzchen auf Vorschlag von Bürgerinnen und Bürgern in der Veranstaltung nun auch eine postalische Adresse erhalten würde.

Die Entscheidung über den neuen Straßennamen wird von der Bezirksvertretung3 und dem Ratsausschüssen getroffen, bevor der Rat im Herbst 2023 endgültig entscheidet. Die stadtweiten Umbenennungen und Einweihungsfeiern sollen voraussichtlich Mitte 2024 stattfinden. Die Änderungen in den Ausweispapieren sind kostenlos und es wird eine Extraregelung bei der Terminvergabe in den Bürgerbüros getroffen.

Historische Straßennamen – aufgeladen mit Kriegen und viel Leid.

Sedanstraße, Wissmannstraße, Reichsstraße und Co. Es gibt viele Straßennamen in Deutschland, die immer noch mit der kolonialen Geschichte oder dem deutschen Kaiserreich in Verbindung stehen. Es gibt aber auch selten eine historische Einordnung oder Erklärung zur Namensgebung.

Die Straßennamen mit Bezug zur kriegerischen und kolonialen Geschichte Deutschlands sind oft nicht nur ein historisches Relikt, sondern auch ein Symbol für die heutige Gesellschaft. Die Sedanstraße, die Friedenstraße und die Wissmannstraße sind nur einige Beispiele für Straßennamen, die kritisch hinterfragt gehören und such bereits in der Stadtgesellschaft und Politik diskutiert werden. Warum es wichtig ist, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen? Welche Schritte können wir als Gesellschaft unternehmen, um eine bessere Zukunft zu gestalten?

Es gibt viele Straßennamen in Deutschland, die mit der kolonialen Geschichte oder dem deutschen Kaiserreich in Verbindung stehen. Ein Beispiel ist die Wissmannstraße, benannt nach dem deutschen Kolonialbeamten Hermann von Wissmann, der für seine Rolle bei der Unterdrückung und Ausbeutung der Bevölkerung in Deutsch-Ostafrika verantwortlich war. Ein weiteres Beispiel ist die Sedanstraße, benannt nach dem Ort der Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871. Auch die Friedenstraße kann in Zusammenhang stehen mit dem deutsch-französischen Krieg und die Rolle die Deutschland in diesem Konflikt hatte.

Eigentlich ist es doch schockierend dass eine Straße nach einem Ort benannt wird an dem Tausende von Menschen getötet wurden. Ich fragte mich, warum wir als Gesellschaft dazu neigen, unsere kriegerische und koloniale Vergangenheit zu verherrlichen, anstatt uns mit ihr auseinanderzusetzen und aus ihr zu lernen.

Als ich das erste Mal durch die Sedanstraße ging, hatte ich keine Ahnung, was der Name bedeutet. Es war nur eine Straße wie jede andere. Erst als ich mich für Geschichte interessierte, erfuhr ich, dass der Name auf den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 zurückgeht, in dem Deutschland Frankreich besiegte und eine Vorstufe zur Gründung des Deutschen Reichs bildete.

Es gibt auch die Friedenstraße, die nach einem Krieg benannt ist, der mehr als eine Million Menschen das Leben kostete. Und dann gibt es noch die Wissmannstraße, benannt nach einem Mann, der als Kolonialbeamter in Deutsch-Ostafrika für seine Rolle bei der Unterdrückung und Ausbeutung der Bevölkerung bekannt war.

Diese Straßennamen sind nicht nur historische Relikte, sondern auch ein Symbol für die heutige Gesellschaft. Sie senden eine Botschaft darüber aus, welche Ereignisse wir als Gesellschaft als bedeutend ansehen und welche Personen wir als Helden feiern.

Es ist wichtig, dass wir uns kritisch mit der Vergangenheit auseinandersetzen und uns fragen, ob wir diese Botschaft wirklich senden möchten. Sollen wir wirklich Kriege und Kolonialherrschaft verherrlichen? Sollen wir wirklich Menschen feiern, die für Unterdrückung und Ausbeutung verantwortlich waren?

Es ist an der Zeit, dass wir uns von diesen Symbolen trennen und uns auf eine inklusive und gerechte Gesellschaft hinbewegen. Eine Gesellschaft, die auf Anerkennung, Wertschätzung und Solidarität basiert.

Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die Umbenennung von Straßen, die mit der kriegerischen und kolonialen Vergangenheit Deutschlands in Verbindung stehen. Es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Anerkennung und Aufarbeitung der Vergangenheit und ein Symbol dafür, dass wir bereit sind, uns für eine bessere Zukunft zu engagieren, in der Rassismus und Unterdrückung keinen Platz haben.

Vor einigen Jahren wurde von einer Expertengruppe historische Straßennamen in Düsseldorf auf ihren Bezug zur NS-Zeit, zum Kolonialismus und zur Sklaverei überprüft und Empfehlungen für eine Umbenennung von Straßen ausgesprochen. Es gab eine klassifizierte Liste mit als problematisch eingestuften Straßennamen. Eine endgültige Entscheidung über die Umbenennung von Straßen liegt jedoch bei der Stadtverwaltung und muss in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Anwohnern und der Öffentlichkeit getroffen werden. Dieser Prozess ist aber immer noch in der Schwebe…

Ein (zu)kurzer Bericht über die Geschichtswerkstatt ‚Kolonialismus und Wissmannstraße‘

Ein (zu) kurzer Bericht über die Geschichtswerkstatt am Samstag zum Thema Kolonialismus und Wissmannstraße – er greift leider den Diskurs und den ‚Clash‘ zwischen der Hochschule (von der BV beauftragt) und den AnwohnerInnen nicht auf.

Nach der Lektüre des Artikels in der RP hier ein (zu) kurzer Bericht über die Geschichtswerkstatt am Samstag zum Thema Kolonialismus und Wissmannstraße aus meiner Sicht – denn der Artikel greift leider den Diskurs und den ‚Clash‘ zwischen der Hochschule (von der BV beauftragt) und den AnwohnerInnen nicht wirklich auf. Natürlich muss und soll die Kolonialgeschichte aufgearbeitet werden – aber dies muss auch ohne Herrn Wissmann gehen und wenn, dann in angemessener Kürze. Es kann schlicht nicht sein das der Text auf der Stele über die Aktion Rheinland kürzer ist als über einen Mann mit einem nationalistischen und rassistischen Weltbild ohne Bezug zu Düsseldorf und einer fraglichen Lebensleistung. Die Mitglieder der BV haben wohl mitgenommen das die Nachbarschaft diese doppelte Ehrung – Straßenname und zwei Tafeln nicht haben wollen und dies schon gar nicht mit der Argumentation : die Kosten für die Änderungen der Personalausweise und Grundbücher sei zu hoch (hier sagen selbst jene anwesenden Vertreter der BV dies sind minimale Kosten und vertretbar). Warum man sich ausgerechnet in Düsseldorf beim Thema Kolonialismus so schwer tut ist mir unbegreiflich… vermutlich ist es aus Prinzip und weil die ‚falschen‘ Parteien dies beantragt haben. PS: Und sorry, ja man fühlt sich verschaukelt wenn man erst im dritten Termin mitgeteilt bekommt man sei nicht zuständig und dies muss der Rat entscheiden.)

Artikel in der RP „Unterbilk: Anwohner diskutieren Straßennamen“
Die Wissmannstraße in Unterbilk ist nach einem umstrittenen Afrikaforscher benannt. Über seinen Hintergrund sollen dort künftig Tafeln informieren. Eine Offene Geschichtswerkstatt zeigte aber: Viele wünschen sich eine Umbenennung.

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Geschichtswerkstatt zum Thema Wissmannstraße

Was haben eigentlich die ehemaligen deutsche Kolonien mit Düsseldorf zu tun? Es gibt da einige Verbindungen – wer sich für die Hintergründe interessiert und wissen will warum die Wissmannstraße so heißt und warum man dies auch kritisch sehen kann, es gibt heute eine Geschichtswerkstatt und Informationsveranstaltung zur « Wissmannstraße »
im Leo-Statz-Berufskolleg (Aula) Friedenstraße 29, Unterbilk / zwischen 15-18 Uhr


Was haben eigentlich die ehemaligen deutsche Kolonien mit Düsseldorf zu tun? Es gibt da einige Verbindungen – wer sich für die Hintergründe interessiert und wissen will warum die Wissmannstraße so heißt und warum man dies auch kritisch sehen kann, es gibt heute eine Geschichtswerkstatt und Informationsveranstaltung zur « Wissmannstraße »
im Leo-Statz-Berufskolleg (Aula) Friedenstraße 29, Unterbilk / zwischen 15-18 Uhr

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Geschichtswerkstatt über Herrn Wissmann und die Kolonialgeschichte

Kommenden Samstag lädt die Universität Düsseldorf zu einer offenen Geschichtswerkstatt ein. Im Rahmen der Diskussion um die Umbenennung der Wissmannstraße und dem Beschluss der Bezirksvertretung 3 zur Aufstellung einer Stele bzw. Gedenktafel zur Geschichte der Straßenbenennung und Herrn Wissmann. Der Termin am Samstag, 16.09. von 15 bis 18 Uhr im Leo-Statz-Berufskolleg bietet die Gelegenheit dich mit der Kolonialgeschichte um Wissmann und vor allem der Wissmannstraße zu befassen, eine Meinung zu bilden und diese als Bürgermeinung einzubringen.

Wissmannstraße und die Brille der Politik.

Ich verstehe nicht warum sich die Politik und Verwaltung gegen eine Umbennung stellen – ein Argument seien Kostengründe… Okay, aber warum solle es denn dann lieber erklärende Tafeln auf der Straße bzw dem Friedensplätzchen geben, die das Leben und die Verbrechen von Herrn Wissmann dokumentieren? Sorry, dies ist dann doch eine doppelte Ehrung a) eine Straße und b) Stelen die sein Leben dokumentieren. Die Straße war vor 1908 dem Maler und Künstler Kaulbach gewidmet – wo ist das Problem diesen Namen wieder zu nehmen und die Straßenumbennung aus der Kaiserzeit zu ändern?

Heikle Straßennamen auf dem Prüfstand (wz.de) „Der Rat hat Experten der Mahn- und Gedenkstätte mit der Überprüfung aller problematischen Straßenschilder beauftragt. Im Fokus sind Deutsche, die im Zeitalter des Kolonialismus Schuld auf sich luden. (…)Der damalige Stadtdirektor und Kulturdezernent Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) wies das zurück: „Das wäre keine wahrhaftige Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte, sondern eine Verschleierung“, sagte er damals.
Experten der Kolonialzeit stufen auch Hermann von Wissmann (1853-1905) als einen Mann ein, der brutal und rücksichtslos gegen Einheimische in Ost-Afrika vorging und mitverantwortlich für das Niederbrennen von Dörfern oder die standrechtliche Hinrichtung von Aufständischen gewesen sein soll.“

Straßennamen in Düsseldorf und ihr historischer Hintergrund

Ein lesenswerter Artikel über die Straßennamen in Düsseldorf und den historischen Hintergrund hinter einigen dieser Namen und Personen. Auch die Debatte um die Umbenennung der Wissmannstraße wird erwähnt – ich verstehe immer noch nicht wie man für einen solchen Namen sein kann. Wissmann wurde vom Kaiser selbstverständlich abfällig als „Söldnerführer“ bezeichnet und war verantwortlich für den Tod tausender Frauen und Kinder. Die beiden geplanten Tafeln / Stelen machen es doch nicht besser – es ist doch eher eine doppelte Ehrung : Straßenname und zwei Stelen. Das Geld für diese Tafeln kann man auch in die Umbenennung stecken und den alten Namen reaktivieren : Kaulbachstraße.

Ein lesenswerter Artikel in der RP über die Straßennamen in Düsseldorf und den historischen Hintergrund hinter einigen dieser Namen und Personen. Auch die Debatte um die Umbenennung der Wissmannstraße wird erwähnt – ich verstehe immer noch nicht wie man für einen solchen Namen sein kann. Wissmann wurde vom Kaiser selbstverständlich abfällig als „Söldnerführer“ bezeichnet und war verantwortlich für den Tod tausender Frauen und Kinder. Die beiden geplanten Tafeln / Stelen machen es doch nicht besser – es ist doch eher eine doppelte Ehrung : Straßenname und zwei Stelen. Das Geld für diese Tafeln kann man auch in die Umbenennung stecken und den alten Namen reaktivieren : Kaulbachstraße.

RP Das steckt hinter Ihrer Adresse „Straßennamen wurden zu Seismografen von politischen Entwicklungen“, sagt Dieter Jaeger, Mitglied der Düsseldorfer Geschichtswerkstatt. Mit der Sedanstraße, benannt nach der Schlacht von Sedan von 1870, sei erstmals in Düsseldorf eine Straße nach einem Ereignis benannt worden. Straßen wurden zu Denkmälern, und die Namen hatten oft nichts mehr mit der Umgebung zu tun.

Fragwürdige Ehrungen eines Täters.

Immer wenn ich daran vorbei komme fällt mir das Thema Umbenennung der Wissmannstraße ein. Oder wird es doch eine Tafel (bzw. Stele) mit einer historischen Einordnung geben? Es „köchelt“ aber immer noch vor sich hin – in der letzten Sitzung der BV war es auf der Tagesordnung und einige AnwohnerInnen waren vor Ort um sich für eine Umbenennung stark zu machen… mal sehen wie es weitergeht.

Immer wenn ich daran vorbei komme fällt mir das Thema Umbenennung der Wissmannstraße ein. Es soll eine Tafel (bzw. Stele) mit einer historischen Einordnung geben… aber bleibt nun der Name oder doch nicht? Das eine Straße – die nach einer Persönlichkeit benannt wurde – eine Ehrung darstellt, ist denke ich mal unstrittig. Die Frage ist doch : Würde man eine solche Person erneut zum Namensgeber einer Straße auwählen oder nicht? Die ehemalige Kaulbachstraße (nach dem Künstler benannt)  wurde 1907 in Wissmansstraße umbenannt – dies sei nun mal der Zeitgeist der damaligen Zeit gewesen… O-Ton in der BV3. Hmmm genau, und der Zeitgeist – einige Dekaden später – ist, mit dem historischen Wissen und den Erkenntnissen über diesen Herren, ein anderer. Eine Ehrung des „Gouverneur von Deutsch-Ostafrika“ (Tansania) empfinden einige AnwohnerInnen als falsch und sind sich sicher das eine solche Ehrung nicht mehr vorgenommen würde. Zum Hintergrund:

„Wissmann wurde 1889 als Reichskommissar mit der Niederschlagung des Aufstandes betraut, was er mit der „Wissmanntruppe“, die aus deutschen Offizieren und Unteroffizieren sowie sudanesischen und mosambikanischen Söldner bestand, mittels sehr drastischer Maßnahmen innerhalb gut eines Jahres schaffte. „In einem beispiellosen Terrorfeldzug schlug er den Aufstand nieder“, schrieb der Historiker Jürgen Herzog in seiner Geschichte Tansanias. Und ein Matrose des beteiligten deutschen Kreuzers Leipzig berichtete: „Nur mit Schrecken und Grauen sprechen in Ostafrika die Einwohner der teils niedergebrannten, teils zerschossenen Städte von den Deutschen.“(Quelle: Werkstatt der Kulturen Berlin)

Im Prinzip gilt doch „Wer die Täter ehrt, verhöhnt die Opfer“, oder etwa nicht?
Wie gesagt – es „köchelt“ immer noch vor sich hin – in der letzten Sitzung der BV war es auf der Tagesordnung und einige AnwohnerInnen waren vor Ort um sich für eine Umbenennung stark zu machen… mal sehen wie es weitergeht.

Kleine Lesepause mit dem Morgenkaffee in der Hand …

Kleine Lesepause mit dem Morgenkaffee in der Hand – diesmal die Umbennung der Wissmannstraße „Die Wissmannstraße ehrt einen Kolonialzeit-Helden. (…) Für die Anwohner ein Unding: „Der Straßenname allein ist schon Ehrung genug“, sagt Roswitha Heimlich. In der letzten Sitzung der BV hatte sie ihr Anliegen noch mal vorgetragen, so richtig einig waren sich die Stadtteilpolitiker aber nicht beim Thema. Zu teuer sei eine Umbenennung, sagen die einen, weil Ausweise und Dokumente neu beantragt werden müssten. Eine Anregung wäre die Stele, um ins Gespräch zu kommen, die Geschichte nicht zu vergessen, finden die anderen.“

Straßennamen die von Kolonialismus, Kaiserreich und Pickelhauben künden.

Straßennamen sind mehr als nur eine belanglose und beliebige Bezeichnung eines „landgebundenen Verkehrsbauwerkes“. Die Namen (oder Widmungen) einer Straße spiegeln den Zeitgeist und die gesellschaftlichen Prioritäten einer Epoche wieder. Und genau diese Prioritäten können sich über die Zeit auch wieder wandeln. Im Rahmen der Debatte um die Umbenennung der Wissmannstraße lässt sich das ganz gut erkennen: Die Straße in Unterbilk ist nach Hermann Wilhelm Leopold Ludwig Wissmann benannt. Wissmann war Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, hat als Reichskommissar für Deutsch-Ostafrika 1888-1890 einen Aufstand blutig niedergeschlagen und war für seine grausamen Strafexpeditionen bekannt. Über das Wesen von Kolonien und „Schutzgebieten“ (sic!) und über die völkerrechtliche Bewertung einer solchen Machtausdehnung von imperialistischer Staaten muß man nicht diskutieren… oder etwa doch?

Wissmann war ein Kolonialverbrecher. Punkt. Da gibt es historisch nun wirklich wenig Interpretationsspielraum – auch wenn das einige LokalpolitikerInnen  anders sehen wollen (oder ist das eine durch ihr Parteibuch-bedingte Fehlwahrnehmung?). Die Sichtweise auf Wissmann als  historische Persönlichkeit hat sich seit 1945 geändert – genau wie die Sicht auf diesen Teil der deutschen Geschichte. Aus meiner Sicht gehört die Wissmannstraße – wie auch schon in anderen Städten – nicht zuletzt deshalb endlich umbenannt oder umgewidmet. Und wenn das schon nicht, dann sollte wenigstens eine Infotafel über Reichskomissar Wissmann als Namensgeber der Straße am Friedensplätzchen informieren (geht auch prima via QR-Code ). Oder noch einfacher: Aufkleber mit Link zum entsprechenden Artikel auf Wikipedia, der erklärt, wem eine Straße gewidmet wurde und warum diese Person so wichtig ist… Damit entfällt dann auch die eh ziemlich dünne Argumentation über die nicht zu beziffernden Folgekosten…

Apropos: Auch wenn einige PolitikerInnen das nicht hören möchten und eine Lawine an Umbenennungen befürchten – Straßen, die nach der Schlacht bei Sedan von 1870 benannt sind, oder, wie die Friedenstraße, (vermutlich) nach dem Frankfurter Frieden, also dem Ergebnis des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71, brauchen ebenfalls eine Erklärung und historische Einordnung, die im öffentlichen Raum sichtbar sind. Einmal mit der Namenspate-Recherche angefangen, kanns übrigens direkt munter weitergehen: Wer waren denn gleich noch mal Franz Adolf Eduard Lüderitz (1834-1886), Carl Peters (1856-1918), Joachim Christian Nettelbeck (1738-1824), Theodor Leutwein (1849-1921), Julius Freiherr von Soden (1846-1921), Wilhelm Heinrich Solf (1862-1936), Adolph Woermann (1847-1911) oder Otto Finsch (1839-1917)? Auch hier wären Infotafeln ebenso hilfreich wie überfällig – genauso wie am Ulanendenkmal am Rheinufer. Das gehört aus meiner Sicht zur historischen Aufarbeitung – verschweigen und politisches Vertagen hingegen nicht.

Wer sich ein bisschen intensiver mit dem Thema beschäftigen möchte, also wo, wie und unter welchem ‚Label‘ sonst noch in Düsseldorf der Kolonialgeschichte gedacht wird, dem empfehle ich einen Blick in die Broschüre „Kolonialismus vor Ort – Kolonialbewegung und Vereine in Düsseldorf“ der HHUD. Schon merkwürdig welche Vereinsnamen (z.B. „1. Deutsche Schutztruppe und I. Reitertruppe von Lettow Vorberg„) immer noch geführt werden und auch welche Fahnen (Stichwort Reichskriegsflagge in Heerdt) noch immer stolz gezeigt werden… alles nur Folklore und Brauchtum?!

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„Wissmannstraße lieber in Boatengstraße umbenennen.“

Neulich beim Morgenkaffee „Wissmannstraße lieber in Boatengstraße umbenennen.“ SchülerInnen fordern eine Umbenennung der Wissmannstraße. Nach der Zappa-Straße könnte Düsseldorf demnächst auch eine Boateng-Straße …“ Nee, ist klar 🙂 Ist Sommerloch und so. Im Prinzip aber Im Grunde völlig richtig – die Diskussion über diese Straßennamen und wer oder was dort benannt wird sollte man wirklich mal  zu Ende führen. Diese Debatten sind immer im KleinKlein der Fraktionen versandet – diese Sandkasten-Förmchen Debatten „Nee, den Antrag haben die …. und darum können wir nicht zustimmen / dies nicht mittragen / denn dann müsste man auch / …“  . Ein Anfang wären ja schon mal erklärendes Schildchen – wie bei DichterInnen, KünstlerInnen und historisch wichtigen Menschen des Öffentlichen Lebens auch. Die Straßennamen die Imperialismus, Kolonialismus oder Militär benennen – müssen in eine historischen Kontext gesetzt werden und es bedarf auch des Öfteren einer ergänzenden Erklärung. Stichworte zum Afrikaforscher Wissmann – „Strafexpeditionen“ „„Hauptakteur“ „eines der schlimmsten Verbrechen der deutschen Kolonialgeschichte“ (Schätzungen zufolge 300.000 tansanische (und 16 deutsche) Menschen wurden getötet)“, „äußerst umstrittene[r] Kolonialheld„… Lesen. Zusammenfassen. Kleiners Schild entwerfen und anbringen. Einfach nur so.

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